Schloss Wolkersdorf

Schloss Wolkersdorf, Ansichtskarte 1926

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Die Geschichte  rund um das Schloss Wolkersdorf zum Mit- und Nachlesen

Sie stehen nun vor dem Schloss Wolkersdorf, das auf eine bewegte Geschichte zurückblickt, deren Beginn uns in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts führt. Die Herren von Wolkersdorf ließen an dieser Stelle eine Kastellburg errichten, also eine viereckige Anlage mit Türmen. Zum Schutz umgab man die Burg mit einem breiten Wassergraben. Sehen Sie den Teich vor dem Schloss? Er ist ein Überrest des ehemaligen Wassergrabens. Mehrmalige Besitzerwechsel prägten die nächsten Jahrhunderte, bis die Herrschaft Wolkersdorf samt Burg im späten 15. Jahrhundert in den Besitz des Habsburger-Kaisers Friedrich des Dritten gelangte. Die Anlage präsentierte sich zu der Zeit in baufälligem Zustand und wäre laut zeitgenössischen Berichten ein – Zitat: „armselig Häusl, wo nit ein Nagel, nit ein Häferl zu verwenden sei“. In der Zeit der Ersten Belagerung Wiens durch die Osmanen 1529 entstand eine viereckige, die Burg umgebende Zwingeranlage mit Mauer und vier runden Türmen, den Geschützrondellen. Vor dem Schloss stehend, können Sie Teile dieser Mauer und das nordwestliche Geschützrondell noch erkennen. In das zweite Viertel des 16. Jahrhunderts fallen der Ausbau des Osttraktes im Renaissancestil sowie die Anlage des „Anna“-Hofes, einer ausgedehnten Wirtschaftsanlage, die Richtung Norden an das Burgareal anschloss. Namensgebend war Königin Anna, die Ehefrau des späteren Kaisers Ferdinand I. Bekannt für ihre Mildtätigkeit, verfügte sie in ihrem Testament 1547, dass Schloss und Herrschaft Wolkersdorf dem Wiener Hofspital inkorporiert werden sollten. Das Jagdrecht im Hochleithenwald behielten sich jedoch die Habsburger weiterhin vor. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Burg unter Kaiser Ferdinand III. in ein barockes Jagdschloss umgestaltet. Besonders der jagdbegeisterte Kaiser Karl der Sechste weilte oft in Wolkersdorf, wo er an einem Tage auf der – Zitat: „Tausendt-Wildbreht-Wüsen“ im Revier Wolkersdorf 109 Hirsche, 11 Tiere, also Hirschkühe, 16 Kälber, 3 Rehe und einen Frischling erlegte. Gehen Sie nun ein Stück weiter, auf den Eingang des Schlosses zu, so erblicken Sie links vom Tor eine Gedenktafel, die darauf hinweist, dass der französische Kaiser Napoleon I. von 7. bis 9. Juli 1809 im Schloss logierte. Was ihn hierher führte? Nach seinem Sieg in der Schlacht bei Wagram schlug er in Wolkersdorf kurzfristig sein Hauptquartier auf. Näheres über die Schlachten des Jahres 1809 erfahren Sie übrigens beim Pfarrhof. Wollen Sie mehr über das weitere Schicksal des Schlosses sowie seine heutige Nutzung wissen? Dann folgen Sie mir in den Innenhof!

Ab 1848 zogen - verbunden mit der Aufhebung der Grundherrschaft - Grundbuch, Gendarmerie und Bezirksgericht ins Schloss ein. Am Bezirksgericht Wolkersdorf wirkte von 1905 bis 1908 der komponierende Richter Dr. Julius Bittner. Der aus Wien stammende Jurist und Musiker war um die Jahrhundertwende eine bekannte Persönlichkeit im Musikgeschehen, einige seiner Werke hatten sogar in der Hofoper Wien ihre Uraufführung. Seine Oper „Der Musikant“ wurde übrigens in Wolkersdorf komponiert. Heute erinnern an den Komponisten der Julius-Bittner-Platz, ein Denkmal im Schlosspark sowie eine Gedenktafel am Haus Kirchenplatz vier, wo er wohnte.

Und was befindet sich heute im Schloss? Schloss Wolkersdorf, im Besitz der Stadtgemeinde, ist kultureller Mittelpunkt des Ortes. So befindet sich im Osttrakt das Atelier des bekannten Bernstein- und Altmetallkünstlers Otto Potsch. Seine Werke müssen Sie nicht lange suchen – vor dem Schloss steht die Altmetallskulptur Don Quichotte und Sancho Panza und neben der Werkstatt des Künstlers befindet sich ein Schauraum mit Exponaten – werfen Sie einen Blick hinein! Mehr über Otto Potsch erfahren Sie übrigens im Beitrag zum Rathaus. Daneben beherbergt das Schloss die RegionalMusikschule Wolkersdorf, die Kulturinstitutionen „Forum Schloss Wolkersdorf“ und „Foto Fluss Initiative“, Ausstellungsräume und Veranstaltungssäle sowie ein Gastronomiebetrieb. Um das Schloss herum lädt der Schlosspark mit seinen Denkmälern zum Flanieren und Verweilen ein.

Wenn Sie mehr über die Herren von Wolkersdorf, die Geschichte der Burg im 13. Jahrhundert sowie über Königin Anna und den „Anna-Hof“ erfahren möchten, dann hören Sie diesen Beitrag weiter.

Die Herren von Wolkersdorf waren sogenannte Ministerialen, also Kleinadelige, die sich bester Beziehungen zum Hofe der Babenberger erfreuten. So soll Hermann von Wolkersdorf gemeinsam mit dem späteren Herzog Friedrich II. dem Streitbaren aufgewachsen sein. Nach dem Tod dieses letzten männlichen Babenbergers im Jahr 1246 waren die Herren von Wolkersdorf Mitglieder der Adelsopposition und die Kastellburg wurde deshalb auf Befehl des neuen Machthabers in Österreich, des böhmischen Königs Ottokar II. Pschemiesel, zerstört. Hermann von Wolkersdorf erhielt allerdings nach der Machtübernahme König Rudolfs I. von Habsburg die Erlaubnis zum Wiederaufbau. In den darauffolgenden Jahrhunderten gab es wechselnde Besitzverhältnisse, bis die Burg im späten 15. Jahrhundert an den Habsburger-Kaiser Friedrich den Dritten gelangte.

Königin Anna war die Ehefrau des späteren Kaisers Ferdinand I. Sie war Tochter des Königs Wladislaw des Fünften von Böhmen und Ungarn. Bereits als Zwölfjährige wurde sie bei der berühmten Doppelhochzeit 1515 in Wien, die von Kaiser Maximilian I. eingefädelt worden war, mit dessen Enkel Ferdinand vermählt, während Annas Bruder Ludwig, der ungarische Thronfolger, des Kaisers Enkelin Maria ehelichte. Ludwig fiel 1526 in der Schlacht bei Mohatsch gegen die Osmanen, womit der Erbfall eintrat, und die Kronen Ungarns und Böhmens an die Habsburger fielen. Anna war eine kluge und fromme Frau, die 15 Kinder zur Welt brachte, sie starb bei der Geburt des letzten Kindes 1547. Bekannt für ihre Mildtätigkeit, verfügte sie in ihrem Testament 1547, dass Schloss und Herrschaft Wolkersdorf dem Wiener Hofspital einverleibt werden sollten, in der Folge entstand an der Nordseite des Schlosses die Wirtschaftsanlage „Anna - Hof“. Das Hofspital in Wien lag gegenüber der Hofburg im Bereich des heutigen Minoritenplatzes. Aufgehoben unter Kaiser Joseph II. 1782, bestand der Hofspitalsfonds noch bis 1870. Wie sah der Anna - Hof aus? Auf der ehemaligen Vorburginsel befand sich der Verwaltungshof mit Wohnung, daneben wurden weitere Wirtschaftsgebäude wie Stallungen und Getreidekasten errichtet. Die Anlage wurde im 19. Jahrhundert zum Gemeindekotter, also Gemeindegefängnis, ausgebaut. 1960 wurden die Gebäude abgerissen, heute befindet sich an deren Stelle eine Wohnhausanlage, die ebenso den Namen „Anna -Hof“ trägt.

 

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